Franconiasaurus brevispinus, ein Plesiosaurier aus dem Unterjura von Mistelgau in Franken

Im Februar 2024 erschien in der Zeitschrift Frontiers Earth Sciences unsere Publikation über Franconiasaurus brevispinus, einem neuen Plesiosaurier aus dem Unterjura, gefunden in der Tongrube Mistelgau im Landkreis Bayreuth (Sachs et al. 2024). Der Gattungsname Franconiasaurus bezieht sich auf die Fundregion in Franken. Der Artname brevispinus weist auf die niedrigen Dornfortsätze in den hinteren Halswirbeln hin.
Bisher kennen wir von Franconiasaurus brevispinus die Reste von zwei Individuen. Beide wurden in der Tongrube Mistelgau entdeckt. Sie stammen aus Grammoceras thouarsense Ammonitenzone, welche die Funde der unteren Jurensismergel-Formation zuordnen lässt. Franconiasaurus stammt somit aus dem oberen Toarcium, der letzten Stufe des Unterjura (Oberer Unterjura oder Oberlias). Franconiasaurus ist somit geologisch gesehen jünger als die Funde aus dem Posidonienschiefer der Gegend um Holzmaden oder von Altdorf bei Nürnberg, die aus dem unteren Toarcium stammen. Sowohl der Holotypus von Franconiasaurus (BT 011224.00), als auch der zweite Fund (BT 011241.00), wurden von einem Grabungsteam des Urweltmuseums Oberfranken in Bayreuth und unter der Leitung von Stefan Eggmaier entdeckt und geborgen.
Was liegt uns von Franconiasaurus vor?
Das Typusexemplar (der Holotypus) ist ein recht vollständiges Skelett, das aber nur zum Teil im Verbund vorliegt. Die Knochen dieses Exemplars waren über einen Bereich von mehreren Metern verstreut. Vom Schädel kennen wir ausschließlich die hinteren Bereiche der beiden Unterkieferäste sowie ein Fragment aus der Mitte des rechten Unterkieferastes.

Aus dem Hals liegen 24 Wirbel vor. Weiterhin kennen wir 2 Pektoralwirbel (diese stellen bei den Plesiosauriern eine Übergangsform von den Hals- zu den Rückenwirbeln dar) sowie 22 Rückenwirbel, 3 Beckenwirbel und 26 Schwanzwirbel. Des Weiteren liegen Rippen, Teile des Schulter- und Beckengürtels sowie diverse Extremitätenknochen vor.
Das zweite Exemplar ist wenig vollständig. Von diesem Individuum kennen wir nur wenigen Wirbeln, Rippen sowie Gürtel- und Extremitätenknochen. Der zweite Fund ist allerdings größer als das Typusexemplar. Dies deutet darauf hin, dass es sich um zwei unterschiedliche Wachstumsstadien handelt.

Unterschied zu Microcleididen
Franconiasaurus gehört zu den Plesiosauroidea, einer Gruppe innerhalb der Plesiosaurier, deren Mitglieder zumeist einen verlängerten Hals und einen im Vergleich zur Gesamtlänge kleinen Schädel besaßen. Während des Toarciums kennen wir Mitglieder der Plesiosauroiden unter anderem aus Holzmaden und Whitby in Yorkshire (Großbritannien). Die meisten dieser Funde können einer Familie innerhalb der Plesiosauroiden zugeordnet werden, der Microcleididae. Mitglieder dieser Familie zeichnen sich durch Dornfortsätze in den hinteren Hals-, Pektoral- und Rückenwirbeln aus, die ein extremes Höhe zu Länge Verhältnis besitzen. Bei Seeleyosaurus guilelmiimperatoris zum Beispiel, einem Microcleididen aus dem Posidonienschiefer von Holzmaden, können die Dornfortsätze bis zu dreimal so hoch sein, wie sie an ihrer Basis lang sind. Verglichen hiermit hatte Franconiasaurus brevispinus sehr niedrige Dornfortsätze, die weniger als zweimal so hoch wie lang sind.

Bedeutung von Franconiasaurus brevispinus
Wir wissen, dass es im Übergang vom Unterjura zum Mitteljura einen Faunenwechsel innerhalb der Plesiosaurier gegeben hat. Formen, die aus dem Unterjura bekannt sind, wie etwa die Microcleididen, sind im Mitteljura verschwunden. Gleichzeitig tauchten im Mitteljura Formen auf, die im Fossilbericht des Unterjura fehlen. Hierzu zählen die Mitglieder der Cryptoclidia, eine Gruppe von fortschrittlichen Plesiosauroiden, die vom Mitteljura bis in die obere Oberkreide vertreten waren. Viel ist über diesen Faunenwechsel nicht bekannt und auch Übergangsformen innerhalb der Plesiosauroiden fehlten bisher. Ein solches Bindeglied stellt nun Franconiasaurus dar.
Die primitiven Plesiosauroiden des Unterjura unterscheiden sich von den fortschrittlichen Formen des Mittejura (der Cryptoclidia) durch eine Reihe von anatomischen Merkmalen. Etwa sind bei den Plesiosauroiden aus dem Unterjura oft stabförmig verlängerte Halsrippenfortsätze ausgebildet und es sind in den vorderen und mittleren Halswirbeln zwei Artikulationsflächen für die Halsrippen vorhanden. Bei den Cryptoclidia des Mitteljura sind die Halsrippenfortsätze reduziert (wie auch bei Franconiasaurus) und es ist nur je eine Artikulationsfläche für die Halsrippen ausgebildet (bei Franconiasaurus sind es zwei). Auch in den Schwanzwirbeln, den Extremitäten und in den Knochen des Brust- und Beckengürtels finden sich entsprechende Merkmale, von denen Franconiasaurus einen bisher unbekannten Mix aufweist.

Bisher gibt es aus dem obersten Unterjura nur wenige Plesiosaurierfunde. Franconiasaurus gehört hier zu den besten Belegen und hilft uns dabei den Faunenwechsel innerhalb der Plesiosaurier, der im Übergang vom Unterjura zum Mitteljura stattfand, besser zu verstehen. Leider ist die Anatomie des Schädels von Franconiasaurus bisher auf die wenigen Fragmente reduziert, die wir aus dem Unterkiefer kennen. Da das Urweltmuseum Bayreuth weiterhin regelmäßig in der Tongrube Mistelgau gräbt, ist jedoch zu hoffen dass noch weitere Funde von Franconaisaurus zum Vorschein kommen, die uns dabei helfen die Anatomie dieses Plesiosauriers und seine Bedeutung innerhalb der Plesiosauroiden besser zu verstehen.